R 12-Ersatz bei Altanlagen von 1996 bis Mitte 1998

August 1998
Ort: 
Forschungsbericht für das Umweltbundesamt, FKZ 360 09 003
Autor: 
Winfried Schwarz
André Leisewitz
Sprache: 
Deutsch
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Von Ende Dezember 1995, dem Zeitpunkt der Bekanntgabe von Ersatzkältemitteln für FCKW R12 durch das Umweltbundesamt, bis Ende Juni 1998 vergingen dreißig Monate, in denen die Betreiber nicht steckerfertiger Kälte- oder Klimaanlagen mit mehr als 1 kg Kältemittel R12 Gelegenheit zur Umrüstung hatten. Die R12-Anlagen in den drei Hauptbereichen Gewerbekälte, Fahrzeugklimatisierung und Großkälte-Turboverdichter hatten einen Ausgangsbestand (Anfang 1996) von 6740 t. Im Durchschnitt wurden davon 53% ersetzt. Zwischen Gewerbe-, Großkälte und Fahrzeugklima zeigen sich gravierende Unterschiede in den Ersatzquoten. In der Gewerbekälte wurden 64% des R12-Ausgangsbestandes ersetzt: 45% Kältemittelaustausch in Altanlagen, 19% durch Neuanlagen. Von den ca. 1,29 Mio. Pkw-Altklimaanlagen mit einem R12-Ausgangsbestand von 1600 Tonnen, wurden dagegen nur rd. 112 t oder 7% ersetzt. Die hohen Unterschiede zwischen Gewerbekälte (64%) und Pkw-Klima (7%) werden mit den unterschiedlich gravierenden Folgen eines leckagebedingten Anlagenausfalls nach dem 30.6.1998 für die Betreiber erklärt: Gewerbetreibende riskieren Warenverluste und Umsatzeinbußen, während Autofahrer höchstens Einschränkungen des persönlichen Komforts in Kauf nehmen müssen. Der R12-Ersatz in Turboverdichtern (vor allem in Bürogebäuden und der chemischen Industrie), wo Anfang 1996 noch 1000 t R12 in rd. 1200 Anlagen zur Umstellung anstanden, ist hoch: 84% (58% Austausch in Altanlagen plus 26% Ersatz durch Neuanlagen). Von den insgesamt eingesetzten Ersatzkältemitteln sind 54% R134a und 4% andere reine HFKW. Drop-In-Kältemittel, die dank der chlorhaltigen Gemischkomponente R22 technisch einfachere Umstellung erlauben, wurden zu 42 Prozent genutzt.

Zusammenfassung: 

R 12-Ersatz bei Altanlagen
von 1996 bis Mitte 1998

Zusammenfassung

Von Ende Dezember 1995, dem Zeitpunkt der Bekanntgabe von Ersatzkältemitteln für FCKW R12 durch das Umweltbundesamt, bis Ende Juni 1998 vergingen dreißig Monate, in denen die Betreiber R12-haltiger Kälte- oder Klimaanlagen Gelegenheit zur Umrüstung hatten. Inwieweit sie dies getan haben, zeigt diese Studie.

Das Ersatzgebot nach § 10 Abs. 2 der FCKW-Halon-Verbots-Verordnung vom 6. Mai 1991 bezieht sich auf R12-haltige Erzeugnisse, ausgenommen steckerfertige Geräte, falls die Kältemittel in diesen in einem dauerhaft geschlossenen Kreislauf geführt werden und die Kältemittelmenge unter 1 kg liegt.

In den vom Umrüstgebot nicht betroffenen Geräten befinden sich schätzungsweise 6000 Tonnen R12. Es handelt sich vor allem um Haushalts-Kühl- und -Gefriergeräte.

Die emissionsträchtigeren, nicht steckerfertigen R12-Anlagen mit mehr als 1 kg Kältemittel befinden sich nach unserer Schätzung in drei Hauptbereichen: Gewerbekälte, Fahrzeugklimatisierung und Turboverdichtern. Dort betrug der R12-Bestand Anfang 1996 (Ausgangsbestand) insgesamt 6740 Tonnen (Tabelle A).

Im Durchschnitt wurden von 6740 Tonnen R12 53 Prozent ersetzt. Knapp 38 Prozent waren Austausch in bestehenden Altanlagen und 15 Prozent Ersatz durch Neuanla­gen. Zwischen Gewerbe-, Großkälte und Fahrzeugklima zeigen sich gravierende Unterschiede in den Ersatzquoten, die von 10 bis 84 Prozent reichen. (Tabelle A)

Wir gehen davon aus, daß mit den drei Hauptbereichen über 90 Prozent der zur Dis­position stehenden R12-Anwendungen erfaßt sind. Sonstige Nischenanwendungen stellen keine relevante Größenordnung dar. (Zu Wärmepumpen s.u.).

In der Gewerbekälte geht es zu 80 Prozent um Kühlung verderblicher Güter und zu 20 Prozent um andere Kälteprozesse mit Schwerpunkt Industriekühlung (Flüssig­keitskühlsätze). Zu 90 Prozent wird die Gewerbekälte vom Kältehandwerk betreut, das auch den R12-Ersatz vornimmt. Im Durchschnitt der gesamten Gewerbekälte wurden mit 64 Prozent fast zwei Drittel des R12-Ausgangsbestandes ersetzt: 45 Pro­zent Kältemittelaustausch in Altanlagen, 19 Prozent durch Neuanlagenbau.

Die Branchendifferenzierung im R12-Ersatz zeigt Tabelle B, welche auch branchen­weise die R12-Ausgangsbestände enthält. Hohe Umrüstquoten (Ersatz in Altanlagen und durch Neuanlagen zusammen) von über 75 Prozent weisen Lebensmittelmärkte (85%), Krankenhäuser (84%) und Industriekühlung (79%) auf. Mittlere Ersatzquoten sind in der Landwirtschaft (64%), bei Fleischern/Metzgern (60%), Großküchen (59%) und Gärtnereien (60%) zu finden. Unter der 50-Prozent-Quote liegen Speiserestaurants (49%) und mit je 41% Bäcker/Konditoren und Gaststätten.

 

Allgemein gilt: Je größer der Anlagenbetreiber und seine Anlage, desto höher die Bereitschaft zur R12-Umstellung. Anders ausgedrückt: Je kleiner die Betreiber und ihre Anlagen, desto geringer die Umstellungsbereitschaft.

Fahrzeugklima

Mit Abstand größtes R12-Depot sind die ca. 1,29 Mio. Pkw-Altklimaanlagen mit einem umstellungsbedürftigen R12-Ausgangsbestand von 1600 Tonnen. Davon wurden nur rd. 90 000 Stück umgerüstet, was einen R12-Ersatz von 112 Tonnen oder 7 Prozent bedeutet. (Vgl. Tabelle C.)

Bei den sonstigen Fahrzeugen mit ursprünglicher R12-Klimatisierung zeigen Lkw ein gleichermaßen niedriges Ersatz-Niveau von 7 Prozent. Dagegen weisen Reisebusse immerhin 30 Prozent Umstellung auf. Vollständig ist dagegen der R12-Ersatz beim Schienenfahrzeug Eisenbahn. Alle 30 Tonnen R12 von Anfang 1996 wurden bis Mitte 1998 ausgetauscht.

Die hohen Unterschiede beim Umrüstverhalten zwischen Gewerbekälte (64%) und Pkw-Klima (7%) werden hier mit dem unterschiedlich gravierenden Folgen eines leckagebedingten Anlagenausfalls nach dem 30.6.1998 für die Betreiber erklärt. Zwar dauert in beiden Fällen der Stillstand einer R12-Anlage dann länger als einer bereits umgerüsteten, weil R12 zum Nachfüllen fehlt und die zeitaufwendige Umrüstung unvermeidlich geworden ist. Aber der Gewerbetreibende riskiert dabei Warenverluste und Umsatzeinbußen, während der Autofahrer höchstens Einschrän­kungen des persönlichen Komforts in Kauf nehmen muß. Bei der Bahn ist der Ausfall der Klimaanlage zwar gleichfalls nur eine Komforteinbuße. Aber die Klimatisierung ist im Unterschied zum Autofahrer keine Privatsache des Betreibers, sondern gehört zum (in Normen definierten) Leistungsanspruch, den der Fahrgast mit der Fahrkarte bezahlt.

Großkälte mit Turboverdichtern

In Turboverdichtern, deren Kältemittelmenge von 300 bis 3000 kg reicht, standen Anfang 1996 noch 1000 Tonnen R12 in rd. 1200 Anlagen zur Umstellung an. Zu 40 Prozent befand sich R12 in Turbo-Kaltwassersätzen für die Klimatisierung von Büro­gebäuden, Kaufhäusern und Kliniken, zu 60 Prozent in Turboanlagen für industrielle Prozeßkälte, die zu über der Hälfte von der Chemischen Industrie verwendet wurden. Sonstige relevante industrielle Anwender waren Auto- und Lebensmittelindustrie sowie Kernkraftwerke

Der bis Mitte 1998 durchgeführte R12-Ersatz ist hoch: 84 Prozent (58% Austausch in Altanlagen plus 26% Ersatz durch Neuanlagen). Aufgrund zahlreicher Ausnahmegenehmigungen für den R12-Weiterbetrieb in der Chemischen Industrie liegt die Quote hier nur bei 79 Prozent

Auch in der Industriekühlung und Großklimatisierung ist die Funktionssicherheit von Kälte- und Klimaanlagen Bedingung kontinuierlichen Betriebs. Darum ist die hohe Umrüstung bei den Großkälte-Turboverdichteranlagen keineswegs überraschend. Hier treffen beide Determinanten hoher R12-Umstellung, nämlich überdurchschnittliche Größe von Anlage bzw. Anlagenbetreiber und zweitens Notwendigkeit ausfallsicherer Kühlung, zusammen

Die beim Altanlagenersatz verwendeten Ersatzkältemittel

Wird bei der R12-Umstellung von Neuanlagen abgesehen und nur der Austausch in bestehenden Altanlagen berücksichtigt, dann sind insgesamt nicht 3560 Tonnen R12-Ersatz (Tabelle A) zu betrachten, sondern nur 2528 Tonnen. Diese setzen sich wie folgt zusammen (Tabelle D):

Von den 2528 Tonnen Ersatzkältemittel sind 1353 Tonnen (54 Prozent) R134a. Zusammen mit 117 Tonnen R404A/R507 kommen diese Retrofit-Kältemittel (reine H-FKW, die mit dem vorhandenen Öl in der Kälteanlage nicht verträglich sind und einen Ölwechsel verlangen) auf 1470 Tonnen oder 58 Prozent.

Drop-In-Kältemittel, die dem vorhanden Kältemaschinenöl dank der chlorhaltigen Gemischkomponente R22 (R401A, R409A, R402A, R22) oder der chlorfreien Gemischkomponente Isobutan (R413A) einfach zugegeben werden können, wurden in einer Gesamtmenge von 1058 Tonnen oder 42 Prozent genutzt.

Tabelle D zeigt: Die starke Verwendung von R134a geht zu über der Hälfte auf das Monopol bzw. Quasi-Monopol bei Turboverdichtern bzw. Fahrzeugklimaanlagen zurück. Turboanlagenbauer rüsten R12-Anlagen aus technischen Gründen grundsätzlich nur auf den "Einstoff" R134a um. Im Fahrzeugklimabereich besitzt R134a als einziges Ersatzkältemittel die Freigabe durch die Automobilindustrie.

In der Gewerbekälte sind die Kältemittel vielfältiger, und das bei Fahrzeugklima und Turboverdichtern fast ausschließlich angewandte Retrofit-Verfahren mit reinen H-FKW dominiert hier nicht. Zwar führt R134a die Reihe an, kommt aber zusammen mit R404A/R507 nur auf auf 41 Prozent der in Gewerbekälte-Altanlagen eingesetzten Kältemittel. Der - größere - Rest sind für das Drop-In-Verfahren geeignete Ersatzstoffe wir R401A, R22 und nicht zuletzt das chlorfreie Gemisch R413A.

Wärmepumpen-Anlagen

Die im Rahmen dieser Studie ebenfalls zu untersuchende R12-Substitution bei Wärmpepumpen ist mengenmäßig aus folgenden Gründen nahezu bedeutungslos.

Erstens: R12-Warmwasserpumpen (rd. 100 000) sind steckerfertige Geräte unter 1 kg Kältemittel. Zweitens: Heizungswärmepumpen haben zwar eine mittlere Füllmenge von 2,5 kg, doch die knapp 50 000 älteren Geräte laufen fast ausschließlich mit R22 oder R502. Drittens: Große - meist gasbefeuerte - Wärmepumpen für industrielle Zwecke wurden in der Vergangenheit im Inland in einer Stückzahl von etwa 200 Stück mit R12 als Kältemittel installiert, wobei Füllmengen bis zu 500 kg und mehr vorkamen. Rund drei Viertel dieser Anlagen sind mittlerweile stillgelegt. Etwa 50 befinden sich noch im Betrieb und wurden auf R134a umgerüstet. Um mehr als 20 Tonnen R12-Ausgangsbestand geht es bei Wärmepumpen demnach nicht. Zum Vergleich: 6740 Tonnen beträgt der Ausgangsbestand der untersuchten drei Hauptbereiche.